Wissenschaft und Politik

Geschlechterverteilung in der Wirtschaft

Männer- und Frauenanteile nähern sich (zu) langsam an

Auf dem Weg zur Emanzipation von Frau und Mann ist die Geschlechterverteilung in den Berufszweigen ein wichtiger Index. Wie das Statistische Bundesamt nun mitteilt, nähern sich die die Werte kontinuierlich – zeigen aber teils noch große Ungleichgewichte.

 

(ps) Rein formal sind Frauen in Deutschland vor dem Gesetz weitestgehend gleichgestellt. In der Praxis, kulturell und wirtschaftlich, ist aber weiterhin viel zu tun. Daran erinnern unterschiedlichste Dinge wie der Equal-Pay-Day, der Girls-Day, der Anteil von Frauen in Leitungspositionen in Politik und Wirtschaft, und nicht zuletzt auch die Männer- und Frauenanteile in den verschiedenen Berufszweigen. So sind Frauen in oftmals als Männerdomänen wahrgenommenen Berufsfeldern unterrepräsentiert und die Männer vice versa in den Frauenberufen. „Doch das ändert sich zunehmend“, betont nun das Statistische Bundesamt (Destatis) bei Vorlage der aktuellen Zahlen.

2023 lag der „Frauenanteil in der technischen Forschung und Entwicklung“, einem der männerdominierten Felder, bei 18 Prozent. Zwar immer noch ein relativ geringer Anteil, der jedoch vor zehn Jahren noch bei nur 11 Prozent lag. „Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in der Informatik: Dort machten die rund 64 000 berufstätigen Frauen 2023 einen Anteil von knapp 18 % aus, 2013 hatte ihr Anteil noch bei 14 % gelegen“, teilt Destatis weiter mit. Bei „Polizei, im Kriminaldienst sowie dem Gerichts- und Justizvollzug“ stieg die Quote in den letzten Zehn Jahren von knapp 20 auf nun 28 Prozent.

Vergleichbare Veränderungen sind auch bei den Männern zu beobachten: so nahm der Anteil der Männer bei den Körperpflegeberufen um 8 Prozent auf nun 18 Prozent zu. In der Altenpflege stieg der Männeranteil von 13 auf 17 Prozent, im Lebensmittelverkauf von 14 auf 23 Prozent und „im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege, Geburtshilfe sowie des Rettungsdienstes“ von 19 auf knapp 23 Prozent.

Noch viel zu tun

Während das Statistische Bundesamt auf erfreuliche Zahlen hinweist, bleibt jedoch festzustellen, dass die Situation insgesamt noch stark ausbaufähig ist. Zwar ist die Beschäftigungsquote insgesamt mit gut 48 Prozent Frauen und knapp 52 Prozent Männern auf dem Arbeitsmarkt erfreulich ausgeglichen, wie Zahlen von Statista zeigen. Dennoch sind nur bei 5 von 37 dort gelisteten Berufsfeldern die Anteilsverhältnisse zwischen 40 zu 60 Prozent und vice versa, also um 50 Prozent herum.

Bei den Männerberufen mit besonders geringem Frauenanteil mag ein Teil der Begründung biologisch bedingt sein, da Männer rein statistisch häufiger von kräftigem Wuchs sind, was bei Berufen wie Hoch- und Tiefbau (2,1% Frauenanteil), (Innen-)Ausbauberufen (4,3%) oder Metallerzeugung, -bearbeitung und -bau (9,9%) von großem Vorteil ist. Daneben ist aber bei der überwiegenden Mehrzahl der Berufe das unausgeglichene Geschlechterverhältnis auf kulturelle Gründe, die Lebensmodelle der Menschen und nicht zuletzt auf Arbeitsrahmenbedingungen zurückzuführen. Da Frauen nach wie vor neben der Arbeit auch oft Haushalt und Familie schmeißen sollen, sind sie auf Teilzeitmodelle und allgemein die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angewiesen.

Während Männer in Gesundheits-, Erziehungs- oder Verkaufsberufen also unterrepräsentiert sind, finden sich Frauen etwa in den MINT-Berufen, Ingenieurs- und Architekturberufen oder der Mechatronik eher selten. Wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erläutert, führt dieses Verhältnis zu einem Einkommensungleichgewicht zu Ungunsten der Frauen, – der Gender-Pay-Gap liegt 2023 zum Vorjahr unverändert bei 18 Prozent – und auch zu schlechteren Aufstiegschancen.

Laut IAB ist dabei auffallend, dass Frauen in Berufen „mit komplexeren Spezialisten- und Expertentätigkeiten“ vergleichsweise selten vorkommen und hier zudem seltener aufsteigen. Zugleich zeige sich aber, dass Frauen in den gut geschlechtergemischten Berufen „vergleichsweise häufig in höhere Anforderungsniveaus ein- oder aufsteigen“ – eine Kompetenzfrage ist es also ohne Zweifel nicht. Insgesamt gebe es eine „durch zahlreiche andere Studien erhärtete empirische Evidenz dafür, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt immer noch im Nachteil sind und aus verschiedenen Gründen im Schnitt deutlich weniger verdienen als Männer.“ Trotz der erfreulichen Zahlen von Destatis bleibt also viel zu tun.


Quellen:

Destatis: Nr. 027 vom 18. Januar 2024: „Gender Pay Gap 2023: Frauen verdienten pro Stunde 18 % weniger als Männer“: www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/01/PD24_027_621.html

Destatis: PM Nr. 17 vom 23. April 2024: „Frauenanteil in der technischen Forschung und Entwicklung binnen zehn Jahren von 11 % auf 18 % gestiegen“: www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2024/PD24_17_p002.html

IAB-Forum: „Frauen üben seltener als Männer Tätigkeiten mit hohem Anforderungsniveau aus“: www.iab-forum.de/frauen-ueben-seltener-als-maenner-taetigkeiten-mit-hohem-anforderungsniveau-aus/

Statista: „Anteil von Frauen und Männern in verschiedenen Berufsgruppen in Deutschland am 30. Juni 2023“: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167555/umfrage/frauenanteil-in-verschiedenen-berufsgruppen-in-deutschland/

 

07.05.2024

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