(ps)Erst seit gut 100 Jahren, seit 1920, haben Frauen in Deutschland das Recht zu habilitieren. Die erste ordentliche Professorin war die Chemikerin und Botanikerin Margarete von Wrangell, die sich durch neue Erkenntnisse in der Düngeforschung verdient gemacht hat und große Bekanntheit erlangte. Dennoch ist die Zahl der Professorinnen das ganze 20. Jahrhundert über gering geblieben – erst im Jahr 2000 war der Frauenanteil hier mit 10,5 Prozent erstmals zweistellig.
Die jüngsten Zahlen von 2021, die das Statistische Bundesamt (Destatis) vorgelegt hat, weisen nun einen Gesamtanteil von 27 Prozent Frauen unter den hauptberuflichen Hochschulprofessuren aus. Damit seien "Frauen in höheren Stufen der akademischen Laufbahn deutlich unterrepräsentiert", wie Destatis mitteilt. Dagegen seien "Frauen zu Beginn der akademischen Laufbahn noch überproportional vertreten." Die aktuelle Zahl der Studienanfänger*innen liege bei 52 Prozent, und auch bei den erfolgreich abgeschlossenen Hochschulprüfungen seien Frauen mit 53 Prozent in der Mehrheit.
Doch schon bei den Promotionen liegt der durchschnittliche Frauenanteil bei nur noch 46 Prozent. Am höchsten ist der Anteil bei der Fächergruppe Kunst- und Kulturwissenschaften mit 69 Prozent, am geringsten ist er bei den Ingenieurwissenschaften mit 19 Prozent. Unter den Habilitationen liegt der Frauenanteil bei 34 Prozent. In der Fächergruppe Geisteswissenschaften ist der Anteil mit 42 Prozent am höchsten und bei den Ingenieurwissenschaften mit 15 Prozent am geringsten. Es zeige sich, dass "in den weiteren Stadien der akademischen Laufbahn [...] Frauen zunehmend unterrepräsentiert [sind]."
Dass es auch anders geht, zeigt das Bundesland Berlin. Hier hat sich die Politik vor einigen Jahren verpflichtet, an den staatlichen Hochschulen bis 2025 unter den Professor*innen Geschlechtergerechtigkeit herzustellen. Wenngleich das Ziel noch nicht erreicht ist, tragen die Maßnahmen bereits Früchte. 35 Prozent der Professuren waren 2021 weiblich besetzt, mit 8 Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt ist das zugleich auch die höchste Quote. Der Frauenanteil unter den Neuberufungen liegt bei den Fachhochschulen bei 50 Prozent, bei Kunsthochschulen bei 53 Prozent, lediglich Universitäten hinken mit 44 Prozent noch hinterher.
Die Zahlen zeigen jedoch auch, dass bundesweit noch große Anstrengungen in diesem Bereich unternommen werden müssen. Beispielsweise im Saarland und in Bayern liegt der Frauenanteil unter den Hochschulprofessuren bei lediglich etwa 23 Prozent. Mehr als 30 Prozent sind es lediglich in Hamburg, Brandenburg und Berlin. Und auch an den einzelnen Hochschulen ist die Lage sehr unterschiedlich – jedoch herrsche "an keiner der befragten Universitäten und Hochschulen [...] diesbezüglich Gleichstellung", wie der Verbraucherschutzverein Berlin/Brandenburg ermittelt hat. Den besten Wert konnte die Uni Koblenz-Landau mit 40,25 Prozent vorweisen – als einzige Uni mit 40 oder mehr Prozent Frauenanteil.
Quellen:
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/12/PD22_559_213.html
https://idw-online.de/de/news218272
https://www.tagesspiegel.de/wissen/hauptstadt-der-wissenschaftlerinnen-4685539.html
https://vsvbb.de/uni-frauenquote-2022/
https://www.gdch.de/publikationen/biographien-von-chemikerinnen/margarete-v-wrangell.html
19.01.2023