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Das Aktivierungspotenzial von Eltern bei der Berufsorientierung

Studie für das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

31.08.2019 Beitrag teilen
Eltern

Wie können Eltern bei der Berufsberatung ihrer Schulkinder unterstützt werden? Dieser Frage geht eine neuere Studie im Auftrag des Bundesbildungsministeriums nach.

Eine gemeinsame Studie des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung e.V. (IAW) Tübingen und dem SOKO Institut für Sozialforschung und Kommunikation in Bielefeld hat das „Aktivierungspotenzial von Eltern im Prozess der Berufsorientierung (BO) – Möglichkeiten und Grenzen“ untersucht. Die Untersuchung, die auf der Homepage www.bildungsketten.de des Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) veröffentlicht ist, zeigt auf, der Prozess der Berufsorientierung nicht als klar begrenzte und nach Ende der Sekundarstufe abgeschlossene Phase betrachtet werden darf. Sie müsse als stetig wandelnder Prozess über die gesamte Schulzeit und zum Teil weit darüber hinaus begriffen werden. Oft nimmt sie keinen linearen Verlauf. In diesem Prozess seien Eltern wichtige Begleiter und Unterstützer.

Als Erfahrungs- und Sozialisationsinstanz haben Eltern eine enorme Bedeutung und sind oft die ersten Ansprechpartner in Fragen der Berufsorientierung, wird in der Studie erklärt. Eltern würden die besonderen Stärken und Schwächen ihrer Kinder im Hinblick auf den Übergang in den Beruf kennen und unterstützten ihre Kinder bei der Entwicklung beruflicher Vorstellungen. Ferner böten Eltern materielle und emotionale Unterstützung, sollte es im BO-Prozess zu Schwierigkeiten, Problemen und Rückschritten kommen.

Zu den Schulexperten, die im Rahmen der Studie befragt wurden, zählen Lehrer und Schulleiter von allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen sowie Lehrkräfte des Übergangssystems. Des Weiteren wurden ebenfalls Schulsozialarbeiter, Berufseinstiegsberater und sogenannte Koordinatoren für  Studien und Berufsorientierung, kurz StuBos, befragt. Eine weitere Kategorie von Befragten bilden außerschulische Akteuren, zu denen Ausbilder in Betrieben, Berufsberater in Jobcentern sowie Vertreter der Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer gehören.

Allgemeine Lösungsansätze oder Strategien, um Eltern erfolgreich in Projekte und Veranstaltungen der BO einzubinden, konnten die befragten Experten und Akteure nicht formulieren, heißt es in der Untersuchung. Es gebe zwar viele erfolgreiche Einzelfallbeispiele, jedoch könnten diese Modelle aufgrund der jeweils spezifischen Strukturen und Rahmenbedingungen vor Ort nicht unmittelbar übertragen werden.

Um jene Elterngruppen zu erreichen, die sich bislang nicht in Sachen BO engagierten und zudem auch spezifischen Unterstützungsbedarf aufweisen, sehen die Befragten vor allem Integrationsbeauftragte und Sozialarbeiter in der Verantwortung, da oftmals auch sozialpädagogische Unterstützung notwendig sei. Aus Sicht der Akteure und Experten bestehe insbesondere für dieses Elternsegment diesbezüglich dringender Handlungsbedarf.

„Ein weiterer Ansatz, um diejenigen Eltern in die BO einzubinden, die aus unterschiedlichen Gründen bislang nicht bzw. kaum an schulischen Aktivitäten teilnehmen, wird darin gesehen, aktiv auf diese zuzugehen und sie vor Ort „abzuholen“. Dies kann über gemeinsame Veranstaltungen für Eltern und Schüler (z. B. die Berufsmesse „Parentum“) oder auch dadurch gelingen, dass Eltern andere Eltern als Multiplikatoren für entsprechende Maßnahmen oder Projekte gewinnen.“

Des Weiteren erachten es die befragten Akteure und Experten für notwendig, zunehmend moderne Kommunikationsformen (E-Mail, Handy, Social Media, WhatsApp) mit den Eltern zu nutzen, um diese direkt anzusprechen und für Veranstaltungen zu werben.

Formate, die aus Sicht der Akteure und Experten in der Regel gut gelingen, sind vor allem jene, die regelmäßig und in möglichst niederschwelliger Form stattfinden, wie Elternstammtische, Elterncafes oder schulische Formate („Feste“), die auch mit Themen der BO verknüpft werden.

Ein weiterer Erfolg versprechender Weg besteht aus Sicht der Experten darin, Formate, in denen die Eltern selbst aktive Rollen übernehmen, häufiger zu organisieren. Dies könnte beispielsweise eine Betriebsbesichtigung im eigenen Betrieb oder an der Arbeitsstätte der Eltern sein oder von schulischen Veranstaltungen, in denen Eltern von ihren eigenen Berufen und beruflichen Erfahrungen berichten.

Die Stärkung der Kommunikation und des Austauschs zwischen Schule, Eltern, Betrieb und Berufsschule diene vor allem dem Ziel, Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Zudem gelte es es auch, Betriebe für elterliche Aufgaben zu sensibilisieren. Hierfür sollte die Kommunikation zwischen Betrieb, Berufsschule und Eltern verstärkt werden. Um Beratungskompetenzen von Lehrkräften in Sachen Berufsorientierung zu stärken, sollten mehr entsprechende Weiterbildungen und mehr Praktika für Lehrkräfte in Betrieben erfolgen.