Unterricht und Schule

Cybermobbing an Schulen

Cybermobbing unter Jugendlichen nimmt weiter zu

Das Phänomen „Cybermobbing“, also Mobbing über digitale Kanäle, nimmt weiter zu. Das Problem ist seit Jahren bekannt, doch an Präventionsmaßnahmen mangelt es weiterhin. Inzwischen sind selbst Grundschulen massiv von dem Problem betroffen.

(ps) Mobbing unter Jugendlichen, und damit an Schulen, war und ist schon lange ein großes Problem. Doch mit dem Aufkommen des Internets und den sogenannten Sozialen Medien hat sich dieses Phänomen rasch auch dorthin erweitert: man spricht von „Cybermobbing“, das etwa über Facebook (sofern die Jugendlichen dort noch einen Account haben), Instagram, TikTok, und selbst Messengerdienste wie WhatsApp abläuft. Doch mit dem Internet hat sich das Problem nicht nur verlagert, es hat auch eine neue Qualität angenommen. Während die Schüler*innen früher wenigstens außerhalb der Schule die Chance hatten, Ruhe zu finden, bedeutet die heutige Allgegenwart des Internets auch die Allgegenwart des Mobbings.

Neue Studien belegen kontinuierlichen Anstieg

Dabei ist das Problem inzwischen keineswegs mehr ein Randphänomen, von dem nur hier und da mal jemand betroffen ist. Seit Jahren zeigen die Studien zum Thema ein kontinuierlichen Aufwärtstrend an. In der aktuellen SINUS-Studie im Auftrag der Barmer von 2023 zeigt sich, dass bereits 61 Prozent der befragten Jugendlichen bereits Erfahrungen mit Cybermobbing gemacht haben. Und in einer Umfrage der ESET Deutschland GmbH, für die Ende 2023 Lehrkräfte zum Thema befragt wurden, wurde im Schnitt „an mehr als jeder zweiten Schule digitale Schikane“ beobachtet. Besonders problematisch waren hier die Realschulen mit 75 Prozent. Aber selbst die Grundschulen bleiben nicht verschont – hier haben 51 Prozent der Lehrkräfte angegeben, Probleme mit Cybermobbing unter den Schüler*innen zu haben. Auch beim Anstieg der Häufigkeit hätten die Grundschulen mit ebenfalls 51 Prozent die zweithöchsten Zuwachswert.

Laut „Bündnis gegen Cybermobbing“ seien bereits 1,8 Millionen Kinder und Jugendliche mindestens schon einmal von Cybermobbing betroffen gewesen. Grundsätzlich ist das Phänomen also nicht unbedingt permanent und mit etwas Glück geht es rasch vorüber und die Schüler*innen können mit ihrem normalen Leben fortfahren. Mitunter nehmen die Attacken jedoch viel Zeit und Raum ein und können, im digitalen Zeitalter, auch permanent werden – wie etwa bei dem Fall einer spanischen Schülerin, von der 2023 digital fake-Nacktphotos mit ihrem Gesicht angefertigt und geteilt wurden. Das Internet vergisst bekanntlich nicht.

Cybermobbing kann Leben zerstören

Die Konsequenzen des Cybermobbings können für die Schüler*innen mitunter verheerend sein. Das fängt an mit einem Leistungsabfall in den Schulen, zeigt sich an plötzlich vermehr auftretenden gesundheitlichen Problemen wie Kopfschmerzen, Magenschmerzen oder  Konzentrationsproblemen. Und es geht weiter über die ganze Klaviatur der Reaktionen auf traumatische Erfahrungen: Alkohol, Tabletten, Drogen, Selbstverletzungen, Depressionen und bis hin zu Suizidgedanken. Laut der „Cyberlife IV“-Studie des „Bündnisses gegen Cybermobbing“ hatten „ein Viertel der von Cybermobbing betroffenen Kinder und Jugendlichen […] deswegen Suizidgedanken“. Und dies ist kein abstraktes Risiko: „Suizid gehört in der Altersgruppe der 15-25jährigen zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland“, so das Bündnis weiter.

Was kann die Schule tun?

Wie Lehrkräfte und die Schule insgesamt auf das Problem reagieren (können), hängt nicht zuletzt von der Tragweite desselben ab. Allgemein ist es aber am wichtigsten, das Problem tatsächlich zu adressieren, und es nicht mit Blick etwa auf den Ruf der Schule kleinzureden oder zu verschweigen. Es sollte vielmehr offensiv mit dem Thema umgegangen und als Gelegenheit genutzt werden, die Schulkultur positiv zu beeinflussen – und damit letztlich auch positive Außenwerbung zu erreichen. Schließlich wird damit den Jugendlichen und den Eltern signalisiert, dass die Schüler*innen mit dem, unabhängig von der konkreten Schule weit verbreiteten Problem, nicht alleine gelassen werden.

Das bedeutet natürlich Arbeit: Konferenzen, Elternabende, dem Thema gewidmete Schulstunden, ggf. Workshops auch mit externen Fachkräften usw. Doch wer wegsieht, macht sich schuldig – das gilt nicht nur für Lehrkräfte, sondern auch für Schüler*innen. Gleiches gilt darüber hinaus auch für alle anderen Formen von Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, wie Antisemitismus, Homophobie oder Rassismus.

Ferner ist es wichtig, nicht auf plakative Scheinmaßnahmen zurückzugreifen, sondern die Probleme hartnäckig und substantiell zu adressieren. Beim Cybermobbing ist beispielsweise öfters die Rede vom Handyverbot. So wird das Problem zwar zunächst aus der Schule entfernt, den betroffenen Schüler*innen ist damit jedoch nicht geholfen. Gegenüber dem DLF Kultur betont der Gründer des Vereins „Cybermobbing Hilfe“ zudem, dass das Mobbing nach der Schule erst „richtig los“ gehe. Auch Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender des „Bündnisses gegen Cybermobbing“ sieht die Schulen in aktiver Verantwortung: Jugendlichen, Eltern und Schule müssten mit an Bord geholt werden, und innerhalb dieses „sozialen Dreiecks“ könne man dann „an der Schule letztendlich dieses Problem auch in den Griff kriegen.“
 

Hilfsangebote

Inzwischen gibt es eine Reihe von Hilfsangeboten und Materialien für Lehrkräfte, um das Problem Cybermobbing zu adressieren.

Verschiedene Stellen halten Informationen und Unterrichtsmaterialien zum Thema vor:

Landesmedienzentrum Baden-Württemberg: https://www.lmz-bw.de/medienbildung/themen-von-a-bis-f/cybermobbing/unterstuetzungsangebote-und-materialien

Deutscher Bildungsserver: https://www.bildungsserver.de/mobbing-und-cybermobbing-12587-de.html

Klicksafe (EU-Initiative): https://www.klicksafe.de/cybermobbing

Gute Anlaufstellen sind ferner das „Bündnis gegen Cybermobbing e.V.“ und die „Cybermobbing-Hilfe e.V.“:
https://www.cybermobbing-hilfe.de
https://www.buendnis-gegen-cybermobbing.de
 

Akute Hilfe für Schüler*innen

„Nummer gegen Kummer“: Montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr finden Kinder und Jugendliche unter der Telefonnummer 116111 deutschlandweit kostenlose telefonische Beratung – nicht nur zu Sorgen mit Cybermobbing, auch alle anderen Sorgen, die ihr nicht mit Familie oder Freunden besprechen mögt, können hier diskutiert werden. Ebenfalls wird Onlineberatung angeboten: https://www.nummergegenkummer.de/kinder-und-jugendberatung/online-beratung

Auch die Caritas bietet online und telefonisch Hilfe an, rund um die Uhr. Die ebenfalls kostenfreie Nummer lautet 0800 1110 333
https://www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung/kinder-jugendliche/start

 


Quellen:

Barmer: Sinus-Jugendstudie – Cyber-Mobbing nimmt immer weiter zu: https://www.barmer.de/presse/presseinformationen/pressearchiv/sinus-jugendstudie-cyber-mobbing-nimmt-immer-weiter-zu-1249964

Barmer: Sinus-Jugendstudie / Bericht: https://www.barmer.de/resource/blob/1249174/90a9b87ee271db206108e6f912d500e9/sinus-studie-jugendbericht-2023-2024-cybermobbing-data.pdf

ESET Deutschland GmbH: Umfrage unter Lehrkräften: Cybermobber lauern schon in Grundschulen: https://www.presseportal.de/pm/71571/5692698

Landesmedienzentrum Baden-Württemberg: Studie Cyberlife IV: Cybermobbing – Dauerproblem an Schulen: https://www.tk.de/resource/blob/2135628/cb59b145875e05b2f38e545f113a4376/2022-cybermobbing-iv-praesentation-leest-data.pdf

Tagesschau: Cybermobbing nimmt weiter zu: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/cybermobbing-jugendliche-100.html

DLF Kultur: Was hilft gegen Cybermobbing?: https://www.deutschlandfunkkultur.de/cybermobbing-digitale-gewalt-100.html

 

31.01.2024

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