(ps) Fachkräfte sind in den meisten Branchen heute Mangelware. Hat man erst die Fachkräfte gewonnen, liegt es aber nicht nur aufgrund des angespannten Arbeitsmarkts im Interesse der Unternehmen, die Arbeitnehmer*innen möglichst langfristig zu binden. Wie dies gelingen kann, wurde nun von einem internationalen Forschungsteam untersucht – mit einem innovativen Ansatz: die Forscher*innen haben nicht nur beleuchtet, welche Aspekte die Arbeitnehmer*innen allgemein an Unternehmen bindet, sondern setzen bereits bei den Einstellungsgesprächen an. Denn hier entstehen viele nicht schriftlich bzw. vertraglich festgehaltene Erwartungen und Vorstellungen, die Einfluß auf die spätere Zufriedenheit mit dem Arbeitgebenden nehmen.
Psychologische Vertragsbrüche vermeiden
Der Einstieg ist dabei kritisch: „Arbeitnehmer*innen wird im Vorstellungsgespräch oft mehr versprochen, als später gehalten wird: Aufstiegschancen, Mitbestimmung, Freiheiten“, wie die Fachhochschule Dortmund mitteilt. Allerdings: „im Alltag läuft es dann häufig anders.“ Diese enttäuschten Erwartungen nennen die Forschenden „psychologische Vertragsbrüche“. „Gänzlich vermeiden lassen sich Situationen nicht, in denen Mitarbeitende wahrnehmen, dass ihr Arbeitgeber wichtige implizite Versprechen nicht einhält“, erläutert Prof. Sabrina Scheidler vom Fachbereich Wirtschaft der FH Dortmund und Mitautorin der Studie. „Häufig beruhen diese auch auf unausgesprochenen persönlichen Erwartungen und gar nicht auf konkrete Zusagen.“ Teilweise können die Unternehmen also nicht (rechtzeitig) erkennen, dass überhaupt ein Problem vorliegt. Die Forscher*innen raten daher, Vertrauenskapital über zusätzliche Wege zu generieren, um reale oder subjektiv wahrgenommene Vertrauensverluste aufgrund psychologischer Vertragsbrüche auszugleichen.
Ein Schlüssel: Corporate Social Responsibility
Es gibt bereits eine Vielzahl von Studien, die belegen, dass die Positionierung von Unternehmen mit Blick auf ihre sozialen und ökologischen Haltungen und Handlungen Einfluß auf die Zufriedenheit der Arbeitnehmer*innen haben. Beispielsweise hat erst im vergangenen Jahr eine breit aufgestellte Studie dies speziell für die Aspekte Nachhaltigkeit und Umweltschutz aufzeigen können: hier gaben 60 Prozent der Arbeitnehmer*innen an, dass eine klare, aktive Haltung zu Klimaschutzfragen der Unternehmen die Wahl ihres Jobs positiv beeinflussen.
Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt nun auch die neue Studie – erklärt aber zugleich auch, weshalb das so sein könnte: „Wir konnten nachweisen, dass das soziale Engagement eines Unternehmens als Teil der Corporate Social Responsibility (CSR), also der freiwillig sozialen, ökologischen und ethischen Standards in der Geschäftsstrategie, wie eine Art Versicherung gegen die negativen Folgen eines psychologischen Vertragsbruchs wirken kann“, so Scheidler.
Damit liefert die Studie einen empirischen Nachweis dafür, dass CSR-Engagement moralisches Kapital erzeugen kann. „Unternehmen, die sich engagieren, sich gesellschaftlich einbringen etwa durch Unterstützung von Vereinen in der Region, durch Umwelt-Initiativen oder Freiwilligenarbeit, erzeugen dieses moralische Kapital und bilden damit eine Art ‚Konto der guten Taten‘“, erläutert Scheidler weiter. Mit diesem positiven Kapital könne es gelingen, die negativen Effekte psychologischer Vertragsbrüche auszugleichen oder zumindest zu lindern.
Damit dieser Ansatz erfolgreich umgesetzt werden kann, reiche es jedoch nicht aus, das Engagement selbst zu kommunizieren – quasi nach dem Motto ‚Tue Gutes und sprich darüber‘. Es sei vielmehr „entscheidend, intern transparent zu kommunizieren, welche Werte hinter dem Engagement stehen und diese auch authentisch zu leben“, betont Scheidler.
Quellen:
FH Dortmund: „Soziales Engagement als Absicherung für Unternehmen“, Benedikt Reichel, 06.02.2025; online: www.fh-dortmund.de/news/soziales-engagement-als-absicherung-fuer-unternehmen.php
ManpowerGroup: „A People-First Green Business Transformation“, o.A., 2024; online: www.manpowergroup.cz/wp-content/uploads/2024/04/Green-Business-Transformation-2024-whitepaper.pdf
07.02.2024