Der Schulbuchverlag Cornelsen präsentiert die Schulleitungsstudie 2022 – die erste einer geplanten Reihe, die sich speziell mit den Trends und Positionen auf Ebene der Schulleitungen befasst. Klares Ergebnis in diesem Jahr: Deutschland brauche eine "neue Kultur des Lernens". Ginge es nach den Schulleitungen, stünde eine große, grundlegende Bildungsreform an.
"Als Schüler mit einer komplizierten Schullaufbahn weiß ich: Schulleitung ist in unserer Gesellschaft eine Schlüsselrolle, die von Bedeutung für die gesamte weitere nicht nur bildungspolitische, sondern auch familien-, kultur- und kommunalpolitische Entwicklung ist", begründet der an der Studie beteiligte Bildungsforscher Prof. Klaus Hurrelmann den Fokus der Studie. Das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) hat hierfür über 1.100 Schulleiter*innen aller Schulformen befragt, sowie 50 vertiefende Einzelinterviews geführt. Die Fragen heben im Kern darauf ab, was Schule leisten müsse und wie dies erreicht werden könne.
Großer Reformbedarf
Überraschend deutlich zeigt die Studie auf, wie groß der Reformbedarf gesehen wird. Das beginnt schon bei der Schulform selbst: "82 Prozent der Befragten [sehen] die gebundene Ganztagsschule [als] das Modell der Zukunft". Aber auch der "althergebrachte Fächerkanon" steht in der Kritik. Ebenfalls "82 Prozent halten diesen nicht mehr für zeitgemäß und fordern eine grundlegende Überarbeitung." Auch hinsichtlich der Digitalisierung sehen die Schulleitungen die Schule in Verantwortung: "So haben 97 Prozent angegeben, dass Schüler:innen den verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien in der Schule lernen sollten. Darüber hinaus sehen viele die Möglichkeiten, die digitale Technologien für den Schulalltag bieten."
Auch hinsichtlich der Frage, was Schule allgemein leisten muss, herrscht große Einigkeit. Mit 97 Prozent an erster Stelle steht die Überzeugung, Schule müsse für "Chancengleichheit in der Bildung" sorgen. Neben Bildung steht aber auch ein anderer Aspekt für die Schulleitungen im Fokus, der ausgebaut werden müsse – 93 Prozent der Befragten wünschen sich, dass "im Unterricht mehr Lebenskompetenzen vermittelt werden, um Schüler:innen besser auf das Erwachsensein und die Arbeitswelt vorzubereiten." Etwa "Digitale Bildung und Mündigkeit", "Gesundheit und Ernährung" und "Demokratie" werden als wichtigste Themen genannt. Weiterhin glauben "87 Prozent der Schulleitungen [...], dass Apps und andere digitale Programme in Zukunft individualisiertes Lernen - und damit auch die Chancengleichheit - unterstützen können."
Mit den Ergebnissen der Studie wird an dem Klischee gerüttelt, Schulen seien reformunwillige Großdampfer. Auch Prof. Hurrelmann zeigt sich etwas überrascht: "Wer hätte das gedacht? Die Mehrheit der deutschen Schulleiterinnen und Schulleiter sind Reformer. Die Cornelsen Schulleitungsstudie widerlegt das Bild von Schulleitungen als bürokratischen und einfallslosen Behörden. Die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter leugnen nicht, dass es in deutschen Schulen immer noch verkrustete Strukturen gibt, die tief im Alltag verankert sind. Aber genau diese wollen sie überwinden."
Quellen:
https://www.presseportal.de/pm/126312/5184184
https://www.cornelsen.de/schulleitungsstudie
04.04.2022