Weniger MINT-Fächer-Studierende

Deutschland bleibt EU-Spitze bei MINT-Abschlüssen

Über die Sorgen um den Fachkräftemangel ist fast täglich in der Presse zu lesen. Trotz sinkender Zahlen bei den Studienanfänger*innen steht Deutschland aber einstweilen noch gut da: Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, ist der Anteil der MINT-Abschlüsse an den deutschen Hochschulen EU-weit am höchsten, über eine Million Studierende sind in der Fächergruppe eingeschrieben.

 

(ps) Neue Zahlen zur Nachwuchssituation bei den MINT-Fächern zeigen ein gemischtes Bild. Wie Destatis mitteilt, gibt es „6,5 Prozent weniger Studienanfängerinnen und -anfänger in MINT-Fächern im Studienjahr 2021“ als im Jahr zuvor. Ähnlich war die Lage schon 2020. Destatis ordnet ein: In den Corona-Jahren ‘20 und ‘21 gab es insgesamt weniger Studienanfänger*innen (2021 gab es 7 Prozent weniger Studienanfänger*innen als 2019 und 9 Prozent weniger als 2020), die Zahl der 17- bis 22-jährigen Menschen hat sich verringert, die Zahl der ausländischen Studierenden hat sich pandemiebedingt verringert.

Andere Fächergruppen trifft es noch schlimmer: Sport mit -17 Prozent; Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften mit -8 Prozent sowie Geisteswissenschaften mit -6 Prozent. Lediglich die pandemiebedingt in den Fokus gerückten Gesundheitswissenschaften konnten sich 2021 über einen Anstieg von 5 Prozent freuen. 

Deutschland ist EU-Spitze bei MINT-Abschlüssen

Insgesamt sieht es für die MINT-Fächer trotz des Dämpfers gut aus: Von 2001 bis 2021 ist die Zahl der MINT-Studierenden um über 78 Prozent angestiegen. Auch der Frauenanteil befindet sich mit 34,5 Prozent auf dem historischen Höchststand. Und laut Eurostat-Zahlen von 2020 werden in Deutschland „36 % aller Bachelor- und gleichwertigen Abschlüsse und 35 % aller Master- und gleichwertigen Abschlüsse“ in einem MINT-Fach abgelegt. Das ist EU-weit der höchste Anteil. Zahlen der OECD zeigen, dass MINT-Fächer in Deutschland überproportional beliebt sind.

Ausbildungen im Fachbereich immer beliebter

Parallel gibt es einen Anstieg in den konkurrenzrelevanten Ausbildungsberufen: Beispielsweise ist die Zahl der Fachinformatiker*innen-Azubis von 2011 bis 2021 um 61 Prozent gestiegen. Auch die sogenannten E-Berufe (Energietechnik) freuen sich trotz Corona seit Jahren über steigende Azubizahlen, und Programmierer- und Softwareentwickler*innen werden ebenfalls immer mehr. Unter Abiturient*innen zeigt sich in den vergangenen Jahren allgemein ein Trend, vermehrt Ausbildungsberufe zu ergreifen – nachdem diverse Jahre vor der „Über-Akademisierung“ gewarnt wurde. 

Frauenförderung ist mangelhaft

Mit Blick auf den Frauenanteil in der Branche weist das Statistische Bundesamt auf Versäumnisse hin. Zwar ist die Frauenquote wie erwähnt mit 34,5 Prozent der Studierenden auf dem historischen Höchststand – „Beim Frauenanteil unter den Absolventinnen und Absolventen in MINT-Fächern war Deutschland allerdings Schlusslicht: 22 % der Bachelor- und gleichwertigen Abschlüsse wurden 2020 von Frauen gemacht, das war EU-weit der niedrigste Anteil.“ In Griechenland und Schweden dagegen liegt der Frauenanteil bei den Abschlüssen bei je 41 Prozent, in Polen bei 46 und in Rumänien sogar bei 49 Prozent. 

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sieht in der Frauenförderung sogar eine potentielle Lösung des Fachkräftemangels: „Würde man doppelt so viele Frauen wie momentan im MINT-Bereich ausbilden, könnte der Fachkräftemangel laut VDMA zumindest aktuell gelöst werden“, heißt es im ZDF. Die Zahlen aus dem EU-Ausland zeigen, dass dies durchaus möglich wäre. Hier steht sich die Branche allerdings auch selbst im Wege: Ein großes Problem sind die Konfrontation mit Klischees und Sexismus-Erfahrungen schon während Ausbildung und Studium. So sehr, dass es inzwischen sogar eine Hochschule gibt, die ein Grundstudium Maschinenbau „nur für Frauen“ anbietet. 

Auch das Betriebsklima ist wichtig

Zahlreiche Studien zeigen, dass den nachrückenden Generationen Dinge wie Betriebsklima und Work-Life-Balance immer wichtiger werden. Auch in diesem Bereich gibt es noch Ausbaupotentiale. Mit Blick auf den Frauenanteil weist der Deutsche Gewerkschaftsbund darauf hin, dass es hier oft „eine Unverträglichkeit des Berufs mit der Familienplanung“ gebe – dabei seien „Arbeitsbedingungen und die Unternehmenskultur entscheidend“. Das betrifft nicht nur die Zahl der Anfänger*innen, sondern auch die Quote derer, die in den Betrieben bleiben. Ein gutes Betriebsklima mit familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen gehört zu den unverzichtbaren Säulen erfolgreicher Nachwuchsgewinnung. 

 

Quellen:

https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/PD23_N004_213.html 

https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/03/PD22_106_213.html 

https://www.wb.uni-freiburg.de/wb/aktuelles/mint-faecher-im-vergleich-sehr-beliebt 

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitec/mint-studium-deutlich-weniger-studienanfaenger-als-im-vorjahr-18622506.html 

https://www.zveh.de/news/detailansicht/mehr-als-45000-azubis-sechster-anstieg-in-folge-1.html 

https://www.dgb.de/themen/++co++254ddff0-5e83-11ed-9da7-001a4a160123 

https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/mint-faecher-studentinnen-mathematik-informatik-naturwissenschaften-100.html 

https://www.spiegel.de/panorama/frauen-in-mint-berufen-ich-sollte-mit-zum-termin-damit-der-kunde-was-zum-anschauen-hat-a-88ba9048-8ce5-41d8-954a-8dfaaeb27cfa 

 

 

23.02.2023

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