(hrs) Dreizehn mal in die Natur ausrücken, dreizehn mal einen Hochstand raufklettern, dreizehn mal passiert drei Stunden lang nichts. Fast nichts. Eine Hase hoppelt vorüber. Vögel zwischtern. Ein Ziel, vielleicht ein Hirsch, will nicht in Sicht- und Schussweite kommen. Mit der Natur allein, wie sie kreucht und fleucht. Das ist, wie erfahrene Jäger*innen berichten, nicht selten ihr Los. Immerhin: Entspannung pur.
Ganz anders in Deutschland bis über das Ende der Feudalzeit hinaus: Auf Parforcejagden wurde mit Gewalt, "ohne jegliches Pardon", der edle Hirsch gejagt, "der von einer riesigen Meute speziell abgerichteter Hunde und zahlreichen Treibern bis aufs Blut gehetzt wurde", berichtet Hela Baudis in einem Beitrag "Von den Jagdtieren und der Art zu jagen". Es sei das kostspieligste Jagdvergnügen gewesen, beliebt bei Herren wie Damen. Das vor rund 85 Jahren erstmals ausgesprochene Verbot dieser Hetzjagd steht auch im aktuellen Bundesjagdgesetz.
Das Jagen ist kein eigenständiger Beruf. Wer heute Jäger werden will, muss jedoch eine Jägerprüfung ablegen. Der Deutsche Jagdverband (DJV) informiert: "Die Jägerprüfung, die auch als „Grünes Abitur“ bezeichnet wird, ist eine staatlich anerkannte Prüfung, die in drei Teile gegliedert ist: Die Schießprüfung, eine schriftliche und eine mündliche Prüfung. Den genauen Ablauf regeln die Prüfungsordnungen der Länder." Weiter heißt es: "Voraussetzungen dafür sind ein Mindestalter von 15 Jahren, ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis sowie die geistige und körperliche Eignung. Die jagdliche Ausbildung findet über die Landesjagdverbände oder durch eine Jagdschule statt. Als Kursformen werden meist Abend-, Wochenend- und Intensivkurse angeboten. Die Inhalte der Ausbildung umfassen theoretische und praktische Themen rund um Wildbiologie, Jagdpraxis, Brauchtum, Waffenkunde, Wildbrethygiene und Jagdrecht. Außerdem wird der sichere Umgang mit der Waffe und die Schießfertigkeit trainiert."
"Jagen heißt nicht nur, Tiere zu töten"
Der Verband betont: "Jagen heißt nicht nur, Tiere zu töten. Mit dem Jagdrecht ist rechtlich die „Pflicht zur Hege“ verbunden. Das bedeutet, dass Jägerinnen und Jäger verantwortlich für die Artenvielfalt in unserer Kulturlandschaft sowie den Erhalt heimischer Wildtierbestände und ihrer Lebensräume sind. Sie haben zudem den gesetzlichen Auftrag, Wildschäden in Wald und Feld zu minimieren und bei der Prävention von Tierseuchen mitzuhelfen."
Das war bis vor hundert Jahren - und namentlich im Zeitalter des Absolutismus - völlig anders. Die Jagd war weitgehend dem höheren Adel vorbehalten. Sie galt als fürstliches Vergnügen, das auch von Damen des Hofes mit Begeisterung verfolgt wurde, wie Heike Krämer und Torsten Fried in ihrem Aufsatz "Von den fürstlichen Jagdherren" schreiben. Fürsten verbrachten viele Monate des Jahres auf ihren Jagdschlössern und veranstalteten ausgedehnte Jagden, ja verlegten ihre Residenz von der Stadt mitten in ein Jagdgebiet (z.B. Ludwigslust, 30 km südlich von Schwerin). Nicht nur Hirsche, auch Rehe, Hasen, Füchse und Feldhühner sowie Wildschweine nahmen sie aufs Korn.
Friedrich II. verzichtete auf sie, Wilhelm II. frönte der Jagdleidenschaft
Die Aufklärung, die Französische Revolution und die Revolution von 1848 führten zur schrittweisen Einschränkung des feudalen Jagdrechts. Einige fortschrittlich gesinnte Fürsten verzichteten darauf frühzeitig von sich aus, namentlich Friedrich II. (der Große) von Preußen. Der letzte Hohenzollern-Sproß auf einem deutschen Thron, Kaiser Wilhelm II., frönte allerdings ausgiebig der Jagdleidenschaft, für die bis 1989 von der DDR-Führungsriege namentlich Erich Honecker und Stasi-Chef Erich Mielke bekannt waren.
Der Schriftsteller Julius Bernhard von Rohr (1688-1742) brachte 1733 zu Papier: "Zur Sommers-Zeit pflegen sich die großen Herren gemeiniglich auf ihre Lust-Schlösser und Jagd-Häuser zu begeben, und daselbst mit Jagten und allerhand Arten der Lustbarkeiten zu divertieren."
Die Autorin Hela Baudis erzählt, dass am Ende erfolgreicher Jagden würdige Mitglieder der feudalen Jagdgesellschaften weidmännische Ehrungen erhielten, während unweitmännisches Vorgehen geahndet wurde. Das artete mitunter in Exzesse aus. "Waren es Damen, die ein unangemessenes Jagdverhalten gezeigt hatten, so behielt sich oft der Fürst selbst das Vergnügen der Bestrafung vor." Das hieß: "Der Hofjäger persönlich musste der Dame vor den Augen des Fürsten Oberkleid wie Reifröckchen hochheben, damit dieser höchst eigenhändig ihr den Streich versetzen konnte."
Das Jagen lernt man erst richtig in der Praxis
Zurück in der Gegenwart: "Ist die Prüfung bestanden", informiert der Deutsche Jagdverband, "geht es erst richtig los! Wichtig ist es schnell jagdlichen Anschluss zu finden, was am einfachsten durch die Mitgliedschaft in dem jeweiligen Landesjagdverband möglich ist. Wie beim Führerschein lernt man die Jagd erst richtig in der Praxis. In den ersten drei Jahren nach der Prüfung wird man unabhängig vom individuellen Alter als „Jungjäger“ bezeichnet." Wer sich für die Jagd interessiert, so empfiehlt der Verband, könne sich im Rahmen der Aktion "Gemeinsam Jagd erleben" einen Jäger zur Jagd oder zu anderen Arbeiten ins Revier begleiten.
Gestern wie heute folgt auf Jagden oft ein Festschmaus. Mit dem steigenden Repräsentationsbedürfnis in der frühen Neuzeit belebte sich auch die Nachfrage nach kostbaren Waffen.
Nach Angaben des DJV ist die Zahl der Jäger*innen in Deutschland in den letzten 30 Jahren um 20 Prozent gestiegen. Der Verband vertritt rund 245.000 Menschen.
Das Jagen gehört auch zum Aufgabengebiet der Förster*innen, einem Beruf, den man erlernen kann. Der Bildungsweg führt über ein Studium der Forstwissenschaft oder Forstwirtschaft. Auf der Homepage des Bunder Deutscher Forstleute sind die forstlichen Berufe verzeichnet: www.bdf-online.de/service/forstberufe/
Quellen:
Informationen des Deutschen Jagdverbandes: www.jagdverband.de
Kornelia von Berswordt-Wallrabe (Hg.), "Jagd, welch fürstliches Vergnügen", Katalog des Staatlichen Museums Schwerin zur gleichnamigen Ausstellung vom 6. Mai bis 12. November 2000 im Jagdschloss Ludwigslust, mit Beiträgen diverser Autoren, u.a. der im Text zitierten Hela Baudis, Torsten Fried und Heike Krämer
BDF - Bund Deutscher Forstleute: www.bdf-online.de
BvFF Bundesverband Freiberuflicher Forstsachverständiger e.V.: www.freiefoerster.de