„Gute Laune ist für jeden Erfolg unentbehrlich“
Philipp Julius Lieberkühn – ein Pädagoge aus Wusterhausen macht in Neuruppin und Breslau Karriere

(hrs) Die um sich greifende Gute-Laune-Pädagogik schadet unseren Kindern, warnte 2017 in Berlin Josef Kraus, der damalige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Bildung gehe nur mit Anstrengung. Den Kindern müsse wieder mehr zugetraut und zugemutet werden.

240 Jahre früher: In Neuruppin steht 1777 Philipp Julius Lieberkühn (1754-1788), ein 23-jähriger in Wusterhausen (Dosse) geborener Junglehrer, zusammen mit seinem Freund Johann Stuve vor dem Scherbenhaufen der vernachlässigten Latein-Schule der Stadt. Der Rektor, so ist überliefert, kümmert sich zu wenig um seinen Schuldienst.

Lieberkühn, in armen Verhältnissen aufgewachsen, ist eine Frohnatur. An seinem Studienort Halle schart er mit seiner gewinnenden Art einen großen Freundeskreis um sich. Seinen ersten Job erhält er in seiner Heimat. Der Direktor des Magistrats und des Stadtgerichts Neuruppin, Noeldechen, engagiert ihn als Hauslehrer für seine fünf Söhne. Auch Stuve findet in der Stadt  eine Hofmeisterstelle.

Ein Jahr später: Stuve wird eine Konrektorstelle in Prenzlau angeboten. Noeldechen hört davon. Schon längere Zeit an der Reform seiner Lateinschule interessiert, setzt er im Magistrat durch, dass Lieberkühn und Stuve diese Aufgabe gemeinsam übertragen wird.

"Die gute Laune ist bei jedem Geschäft unentbehrlich"

Auf das von beiden neu aufgestellte Lehrerkollegium redet Lieberkühn ein: „Die gute Laune ist bei jedem Geschäft unentbehrlich, wenn man es mit Erfolg betreiben will.“ Nicht Unmut solle die Seele erfüllen, nicht üble Laune das Spiel der Kräfte hemmen, keine trübe Phantasie den Blick des Verstandes verdunkeln. Lehrkräfte, fährt er fort, gestalten ihren Unterricht mit guter Laune interessanter und zweckmäßiger, ihre Erziehung werde weiser und menschlicher, ihr Umgang angenehmer.

Tatsächlich gelingt den Junglehrern das ihnen aufgegebene Werk. Mit Bravour. Fachkreise im In- und Ausland werden aufmerksam. Der preußische König Friedrich II. honoriert ihre Arbeit. Beide Pädagogen orientieren sich an den philantrophischen Ideen der Zeit.

Vermutlich würde auch Josef Kraus, hätten er und Lieberkühn sich gekannt, in den Lobgesang eingestimmt haben. Und der Wusterhäuser hätte Kraus darin zugestimmt, von den Jugendlichen Leistungen abzuverlangen.

Natürlich, sagt Lieberkühn, habe der Mensch es nicht immer in seiner Gewalt, über die Eindrücke unangenehmer Vorfälle zu siegen. Ein Zustand übler Laune dürfe für Pädagogen aber nicht gewöhnlich werden.  „Mich dünkt“, betont er vor seinen Berufskollegen, „alle Beschäftigungen der Sinne und des Verstandes … sind eigentlich dazu gemacht, unsere Seele mit Heiterkeit zu erfüllen.“

Philipp Julius Lieberkühn ist auch ein eifriger pädagogischer Schriftsteller. Mehrere seiner Aufsätze mit originellen Ideen werden gedruckt. Er erhält hohe Auszeichnungen. Während seiner Neuruppiner Zeit hatte die Wissenschaftliche Akademie von Padua einen Preis ausgesetzt für die Beantwortung der Frage „Welches sind die besten Mittel, in den Herzen der jungen Leute, die zu hohen Würden oder zum Besitze großer Reichtümer bestimmt sind, Menschenliebe zu erwerben und zu erhalten?“. Lieberkühn beteiligte sich mit Erfolg daran.

Im Jahr 1784 wechselte er nach Breslau, um dort Rektor des St. Elisabeths-Gymnasium zu werden. Vier Jahre später verstarb er dort an einem Brustleiden.