Es ist ein kalter, sonniger Tag im Februar. Maria Teresa Hummel läuft, einen Rollkoffer hinter sich herziehend, die Arnstädter Straße in Erfurt hinauf, der Weg vom Büro zum Dienstwagen. Kofferraum auf, Rollkoffer hinein, Jacke und Mütze auf die Rückbank, Navi an. Es geht nach Lengenfeld. Lengenfeld unterm Stein. Mehr als 70 Kilometer. Erst Autobahn, dann Überland, durch kleine Orte, dichte Wälder, Thüringen eben, aber abseits der Städtekette Erfurt – Weimar – Jena.
Maria Teresa Hummel ist 31 Jahre alt und studierte Betriebswirtin. Beim IfT Institut für Talententwicklung arbeitet sie seit gut zwei Jahren. Die blonde Frau strahlt, wenn sie über ihre Arbeit spricht. „Die jungen Menschen sind in einer Phase, in der sie wahnsinnig wichtige Entscheidungen über ihre berufliche Zukunft treffen müssen. Mit der vocatium geben wir ihnen die Chance, für sie oft zum ersten Mal mit potenziellen Ausbildungsbetrieben oder Bildungseinrichtungen ins Gespräch zu kommen und sich mit konkreten Optionen auseinanderzusetzen.“
Das Käthe-Kollwitz-Gymnasium besucht sie bereits zum zweiten Mal. Dort ist alles vorbereitet. In der Speisehalle der Schule haben sich die Schüler von drei Kursen aus dem elften Jahrgang versammelt. Es ist ein buntes Treiben. Auch einige Lehrkräfte sind anwesend. Der Schulleiter, Herr F., begrüßt Maria Teresa herzlich. Auf Berufsorientierung legt er großen Wert. So motiviert er die Schülerinnen und Schüler auch zur Teilnahme am Göttinger Studieninformationstag, zur Durchführung von Betriebspraktika in der 10. Klassenstufe und führt jedes Jahr im Februar Berufsorientierungstage durch.
Berufsorientierung ist ein wichtiges Thema für die Schülerinnen und Schüler der letzten Jahrgangsstufen. Auch bei den Anbietern steht das Thema hoch im Kurs. „Wenn ich hier jeden in die Schule lassen würde, der Berufsorientierung machen will, bräuchten wir keinen Unterricht mehr“, so der Schulleiter. Mit dem Format der vocatium jedoch hat er gute Erfahrungen gemacht, bereits seit sechs Jahren. Der Vorteil liege in der guten Vorbereitung der Messe und in der verbindlichen Vereinbarung von Gesprächsterminen im Vorfeld. „Ansonsten gehen die Jugendlichen durch die Reihen mit Ständen und sammeln Kulis ein.
Nachdem Maria Teresa Beamer und Leinwand in Betrieb genommen hat, geht es los. Ein munterer Haufen junger Menschen, der seine Aufmerksamkeit nicht ohne weiteres hergibt. Aber Maria Teresa braucht nicht lange und hat gute Argumente.
Die Schülerinnen und Schüler spüren, dass hier jemand steht, der ihnen etwas bietet, was nützlich ist: berufliche Orientierung. Die Chance, mit Menschen in Kontakt zu kommen, Gespräche zu führen, vielleicht so etwas wie den Blick auf einen Kompass, auf eine Landkarte im unübersichtlichen Dschungel an Möglichkeiten.
Fast 70 Unternehmen und Hochschulen werden auf der vocatium Region Erfurt erwartet, verspricht Maria Teresa, und stellt einige von ihnen vor.
Maria Teresa ist selbst noch jung, sodass die Schülerinnen und Schüler sich wenig belehrt fühlen. Sehr aufmerksam verfolgen sie ihrenVortrag, es ist still im großen Speisesaal. Maria Teresa berichtet auch von ihren eigenen Erfahrungen mit einem Dualen Studium und ihrer Spezialisierung auf den Tourismus. Neben den Unternehmen spielen die Berufsbildenden Schulen, Hochschulen und natürlich auch die Beratungsinstitutionen eine große Rolle in der Präsentation.
Zur Vorbereitung der vocatium erhält jeder Schüler das Messehandbuch „Chancen in der Region Erfurt“, in dem alle Aussteller, die an der vocatium teilnehmen, vorgestellt werden. Maria Teresa stöbert mit den Schülerinnen und Schülern das Begleitbuch für die anstehende Messe in Erfurt durch. Neben der Vorstellung der Unternehmen, Ausbildungsbetriebe, Akademien, Fach- und Hochschulen enthält es wertvolle Informationen und Tipps rund um Bewerbungen.
Nun das Finale: Jeder Schüler und jede Schülerin bekommt einen Bogen mit einer Auflistung aller Messeteilnehmenden und darf vier Gesprächswünsche ankreuzen. Das IfT übernimmt die Terminkoordination so, dass möglichst viele SchülerInnen mit den AnsprechpartnerInnen ihrer Wahl in Kontakt kommen. Die Einladungen und ihre endgültigen Termine erhalten die Jugendlichen etwa zwei Wochen vor der Fachmesse.
Am Messetag selbst wird die Anfahrt von der Schule mit Bussen organisiert. Aber was ist zu beachten? Maria Teresa gibt am Ende wertvolle Tipps für eine gute Vorbereitung. Die eigene Motivation klären, ruhig vor dem Spiegel zu Hause die eigene Vorstellung üben. Den Webauftritt des Unternehmens ansehen, kann auch nie ein Fehler sein und hilft vielleicht dabei, sich ein paar Fragen für das Gespräch zu überlegen. Wichtig ist auch die Kleidung. Das der erste Eindruck in diesem Kontext nicht zu korrigieren ist, macht sie an einigen Geschichten deutlich. Rüber kommt für alle: Hier liegt eine große Chance, bei den Unternehmen einen persönlichen Eindruck zu hinterlassen, jenseits des Notenspiegels.
Wenn die Messegespräche gut laufen, erhalten die Schülerinnen und Schüler im Anschluss eine Bestätigung durch die Unternehmen und Einrichtungen, die sie später für ihre Bewerbung verwenden können. Maria Teresa ermutigt die jungen Menschen. Neben den vereinbarten sind am Messetag auch spontane Gespräche möglich.
Den jugendlichen Messebesuchern wird überdies ein umfangreiches Vortragsprogramm geboten. Noch ein guter Tipp für alle ist der Bewerbungsmappen-Check, den die Wirtschaftsjunioren Thüringen anbieten. Alle Angebote sind für die Schüler natürlich kostenfrei.
Eine Stunde war Maria Teresa in der Speisehalle der Schule aktiv. Für die Schülerinnen und Schüler ist viel gewonnen und dem weiteren Fachkräftemangel etwas entgegengesetzt. Am Ende sind alle schlauer und freuen sich auf spannende vocatium-Gespräche. Die Lehrer und der Direktor sind zufrieden. Und Maria Teresa auch. Im Sonnenschein fährt sie nach Erfurt zurück, mit einem Strahlen in den Augen. Nicht zuletzt, weil sie selbst vom Konzept der vocatium überzeugt ist. Und ihre Erfahrung diese Überzeugung Jahr für Jahr verstärkt. So läuft es immer in der Phase der Schulbesuche. Fast jeden Tag ist die junge Frau in Thüringen unterwegs. Manchmal ist vor Ort in Erfurt, manchmal sind die Wege weiter, wie der nach Lengenfeld unterm Stein …