vocatium magazin

Berufe im Porträt

Klischeefreie Berufsorientierung

Interview mit Max, angehender Erzieher

Erzieher an Kitas und Kindergärten haben Seltenheitswert: Lediglich 7 Prozent aller Erzieher*innen sind Männer. Wir haben einen gefunden und die Gelegenheit genutzt, ihn über seine Erfahrungen mit der Erzieher-Ausbildung zu interviewen.

                                                                                                                                                                                                       

(ps) Max Noltze aus Göttingen befindet sich im letzten Ausbildungsjahr und macht im Sommer seinen Abschluss. In seiner Freizeit ist er Rapper, kam über Umwege zur Ausbildung zum Erzieher – hat aber damit seine Berufung gefunden.

IfT: Max, was hat Dich motiviert, die Ausbildung zum Erzieher aufzunehmen?

Max: Ich habe nach dem Abitur zunächst angefangen zu studieren, weil das auch irgendwie die Erwartung an einen Abiturienten war. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich eine praktische Arbeit mit Kontakt zu einer vielfältigen Gruppe von Menschen machen möchte. Mir ist dann aufgefallen, dass ich einen guten Zugang zu Kindern und Freude habe an der kindlichen Lebenswelt und Phantasie. Die menschliche Entwicklung zu verstehen und zu begleiten hat mich gereizt. Mein Eindruck war, dass Authentizität und Diversität sehr wichtig bei dieser Arbeit und leider oft nicht gegeben sind. Ich sehe in dem Beruf eine Möglichkeit unsere Gesellschaft von der Wurzel her mit zu gestalten und hoffentlich auch zu verbessern.

IfT: Was macht Deiner Meinung nach einen guten Erzieher, bzw. eine gute Erzieherin aus?

Max: Authentizität, Respekt, Empathie und natürlich die pädagogischen Grundlagen. Es ist wichtig, immer am Ball zu bleiben und sich fortzubilden. Die Pädagogik entwickelt sich auch immer weiter. Es ist auch wichtig mit Liebe und Spaß an die Arbeit zu gehen, finde ich. Aber das absolut Wichtigste für Erzieherinnen und Erzieher ist die ständige und fachliche Reflexion bzw. Selbstreflexion.

IfT: Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus und was gefällt Dir besonders gut an Deiner Tätigkeit? Was macht keinen Spaß?

Max: Typischerweise beginnt der Tag mit der Bringphase, die Kinder kommen nach und nach an, teilen sich mit, orientieren sich und man bekommt einen Eindruck über die Stimmung. Man stellt fest, welche Kinder da sind und welche nicht und plant den Tag. Mit dem Morgenkreis beginnt der gemeinsame Tag: Wir kommen als Gruppe zusammen und die Kinder partizipieren an der Gestaltung. In der Regel wird dann bis zum Mittagessen rausgegangen ins Freispiel oder in Projekte, wie Werken oder Spiele. Die Zeit draußen empfinde ich als besonders wertvoll, obwohl und weil wir als Erzieher hier am wenigsten direkt eingebunden sind. Es ist aber auch sehr wichtig, sich auch raus nehmen zu können und die Kinder in ihren sozialen Gruppen agieren zu lassen. Nach dem Mittag folgt eine Ruhephase, die ersten Kinder werden abgeholt, danach geht es bestenfalls wieder raus bis zur Abholzeit. Je nach Jahreszeit und Themen in der Gruppe finden Aktionen oder Angebote statt, momentan zum Beispiel Beete anlegen, Kartoffeln pflanzen und Werkarbeiten mit Holz. Die Motivation und das Interesse der Kinder machen mir dabei am meisten Freude. Was mir keinen Spaß macht, sind die (häufigen) Tage, an denen man unterbesetzt ist und die pädagogische Arbeit kaum möglich ist und primär betreut wird.

IfT: Bist Du in Deiner Ausbildung einem anderen Erzieher begegnet oder warst Du allein unter Frauen?

Max: Ich hatte im ersten Praktikum einen männlichen Anleiter und in der Jugendsozialarbeit habe ich männliche Kollegen gehabt. Es ist dennoch die Ausnahme und es wird häufig von Eltern angesprochen, fast immer positiv. Es ist schon so, dass man im Team fast nur unter weiblichen Kollegen ist. Auch wenn ich mich darin sehr wohl fühle, es wäre für die angesprochene Diversität wünschenswert, wenn sich das ändern würde.

IfT: Hattest Du als Mann mit Vorurteilen zu kämpfen, in der Kita oder in Deinem sozialen Umfeld?

Max: Also das typischste ist wahrscheinlich, dass oft angenommen wird, dass ich als Mann im Team jetzt mit den Kindern Fußball spiele und die Werkstatt betreue. Das ist natürlich Blödsinn. Im sozialen Umfeld habe ich zum Glück kaum Vorurteile erfahren. Ich habe allerdings in einer Einrichtung die Erfahrung gemacht, dass ich als Mann nicht mit den Kindern allein sein durfte und auch nicht alleine wickeln, bzw. die Toilette begleiten durfte. Hintergrund war mein Schutz vor Missbrauchsvorwürfen. Die weiblichen Kolleginnen hatten das nicht. Leider zeigt sich da ein böser gesellschaftlicher Grundverdacht und ein Misstrauen Männern in diesem Beruf gegenüber, der mich traurig macht. Ich denke aber, dass es einfach immer noch neu ist, dass Männer diesen Beruf ausüben und dass wir als Gesellschaft diese Vorurteile irgendwann überwinden.

IfT: Würdest Du Dich noch mal für diese Ausbildung entscheiden?

Max: Auf jeden Fall!

IfT: Gibt es Dinge, die Du an der Ausbildung gerne verändern oder verbessern würdest?

Max: Sie muss endlich vernünftig vergütet werden. Das ist unglaublich wichtig, um junge Menschen für den Beruf zu erreichen und es hat auch mit Anerkennung zu tun.  Außerdem wäre ich dafür, das Niveau eher zu heben als zu senken, um mehr Menschen in den Beruf zu bringen. Das kann nicht der Weg sein.

IfT: Was würdest Du jungen Männern raten, die sich für die Ausbildung interessieren?

Max: Informiert euch, hospitiert in Einrichtungen und wenn es euch Spaß macht, geht in den Job! Die Einrichtungen wollen euch, ihr habt die besten Aussichten und wir als Gesellschaft brauchen euch für unsere Kinder. Denkt nicht, Erzieher*in sei ein Beruf nur für Frauen, es macht unglaublich viel Spaß und man lernt ständig Neues.

 

Mehr zum Thema: Hier findest Du einen Artikel über die wichtige Rolle von Männern an Kitas und die Erzieher-Ausbildung.

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