Außerschulische Lernorte

Für das Heute lernen

Die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel

Gedenkstätten erfüllen eine wichtige Aufgabe in unserer Gesellschaft: sie erhalten das Wissen um die Vergangenheit und ihre Verbrechen, um dafür im Heute daraus zu lernen. So auch die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel, die in der Nazi-Zeit eine Hinrichtungsstätte unterhielt. Heute ein Dokumentationszentrum, ein außerschulischer Lernort und ein Träger für ein FSJ im Bereich Politik.

 

(ps) Gedenkstätten über die Verbrechen in der Nazi-Zeit sind heute so wichtig wie vielleicht noch nie – die letzten Zeitzeugen, die heute selbst meist nur Kinder waren, werden langsam rar, und so geht die gelebte Erinnerung verloren. Umso wichtiger werden also Museen und vor allem Gedenkstätten, die am Ort des historischen Geschehens die Erinnerung wach halten und greifbar werden lassen. Die Gedenkstätte in Wolfenbüttel ist mit diesem Ansatz eng verbunden: Schon die ursprüngliche Eröffnung im Jahre 1990 geht zurück auf eine Gegenreaktion zu Plänen aus dem Jahre 1984, eben jenen Ort des historischen Geschehens, genauer das Hinrichtungsgebäude, abreißen zu lassen.

Die Gedenkstätte selbst befindet sich innerhalb der – nach wie vor als JVA betriebenen – Anlage aus den 19. Jahrhundert. Wer dort zu Besuch kommt, muss zuerst meterhohe Mauern mit Stacheldraht passieren – eine Tatsache, die vor allem bei Schüler*innen Wirkung zeigt. Doch diese Verbindung zum Schauplatz der Geschichte hat darüber hinaus noch eine wichtige Wirkung: so sagt der Gedenkstättenpädagoge Dr. Gustav Partington in einem Videostatement über die Ausstellung, dass es „für Schülerinnen und Schüler, [und] für Erwachsene immer wieder eine Besonderheit dar[stellt], dass sie diese historischen Orte sehen und häufig auch – gerade im Hinrichtungsgebäude – spüren können, was ihnen sonst abstrakt als Geschichte erzählt wird.“

Die JVA Wolfenbüttel war zur Nazi-Zeit eben mehr, als nur ein Gefängnis: es war eine der größten Hinrichtungsstätten Norddeutschlands und zugleich Schauplatz eines lange und gerne verschwiegenen Themas: der Justizverbrechen jener Zeit – und der personellen Kontinuität hinein in die ersten Jahrzehnte der Bundesrepublik. Diese und zahlreiche weitere Aspekte werden in der bis 2019 gänzlich umgestalteten und vergrößerten Gedenkstätte didaktisch zugänglich aufbereitet. Unter Leitung der Historikerin Martina Staats ist die Ausstellung zu einem Ort geworden, an dem die Besuchergruppen und Schüler*innen digital und interaktiv arbeiten können, es gibt zahlreiche Tonaufnahmen und Videos mit Zeitzeugen und Opfern, Bildmaterial und hochwertige Replikate originaler Quellen, in denen die Besucher*innen dann auch selbst blättern können.


Außerschulischer Lernort: Bildungsangebote für Schulklassen

Die Gedenkstätte bietet als außerschulischer Lernort unterschiedliche Angebote für die Schüler*innen. „Wir bieten Führungen durch die Dauerausstellung an, die etwa 90 Minuten lang sind, außerdem Besuche der historischen Orte, zum ehemaligen Hinrichtungsgebäude und zu ehemaligen Gemeinschaftshaftzellen“, erläutert Anna-Lena Heine im Interview mit dem IfT, die in der Gedenkstätte ihr FSJ Politik absolviert. Diese Führungen werden vom hauseigenen pädagogischen Team geleitet. Daneben gibt es für Schulklassen auch Workshops, die bei drei Stunden losgehen, aber auch einen ganzen Seminartag umfassen können. Hier gibt es Themen wie den „Beitrag von Justiz- und Strafvollzug zum nationalsozialistischen Terror- und Vernichtungssystem“, „Pro und Contra Todesstrafe“ oder die Verfolgung homosexueller Männer.

„Ein zentraler Punkt bei den Workshops ist, dass die Schüler*innen selbst aktiv werden“, so Heine weiter – und das gelingt in aller Regel auch sehr gut. Gerade die biographische Arbeit, einer der Schwerpunkte in der Ausstellung, ist für die Schüler*innen gut zugänglich – hier wird mit Photos, biographischen Angaben, den Justizunterlagen, aber auch Dingen wie den Abschiedsbriefen, geschrieben vor der Hinrichtung, ein gesichtsloses Oper des Terrorregimes wieder zu einem Menschen. Und darum geht es in der Ausstellung auch: die Biographien und Geschichten der Menschen, die auf die eine oder andere Weise mit der JVA verwoben sind, sichtbar zu machen und das Unrechtssystem, in dem sie in mehrerlei Hinsicht gefangen waren, aufzuzeigen.

Das Angebot richtet sich an Schulklassen und Schülergruppen, größere Klassen können geteilt werden. Besuch, Führungen und Seminare werden kostenfrei angeboten. Zudem bieten verschiedene weitere Orte in und um Wolfenbüttel die Gelegenheit, das Thema noch zu vertiefen – auch hierfür gibt es von der Gedenkstätte Angebote.


Weitere Informationen:

Auf der Homepage der Gedenkstätte gibt es alle wichtigen Informationen und Angebote: https://wolfenbuettel.stiftung-ng.de/de/

Alle Bildungsangebote der Gedenkstätte sind zu finden auf: https://wolfenbuettel.stiftung-ng.de/de/bildungsangebote/

Für Schulabgänger*innen interessant: In der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel kann auch ein FSJ Politik absolviert werden – was das ist? Das erklären wir hier!

 

09.02.2024

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