(ps) Das Vereinswesen in Deutschland hat unruhige Jahre hinter sich. Während noch bis Anfang der 2000er nur ein Trend existierte – mehr Vereine, mehr Mitglieder –, entwickeln sich die Vereine schon seit längerer Zeit unstet. Vor gut zehn Jahren lauteten die Überschriften in der Presse „Immer mehr Vereine – immer weniger Mitglieder“, begleitet von einer allgemeinen Sorge über den Mitgliederschwund v.a. in den Sportvereinen.
Dies hat sich nun aber umgekehrt. Seit 2014 habe die Zahl der Sportvereine stetig abgenommen – damals waren es noch gut 91.000 Vereine, 2024 gab es noch knapp 86.000 Vereine. Die Ironie der Geschichte: jetzt, wo die Vereine weniger werden, steigen die Mitgliederzahlen wieder – und die Ehrenamtlichen werden knapp. Wie im jüngst vorgestellten Sportentwicklungsbericht des Bundesinstituts für Sportwissenschaft zu lesen ist, könne man zwar die Zahl der Trainer*innen und Übungsleiter*innen, die in den Sportvereinen aktiv sind, halten. Dies geschehe „jedoch vor dem Hintergrund steigender Mitgliederzahlen, wodurch sich die Belastung für das vorhandene Personal erhöhen dürfte.“
Hinzu kommen weitere Probleme: so seien „Positionen für ehrenamtliche Weiterbildung und Angebotsentwicklung rückläufig, ebenso wie bezahlte Führungspositionen.“ Und auch an Unterstützung aus „Politik und Verwaltung“ mangele es derzeit, so das Institut. „Diese Entwicklungen legen nahe, dass einige Vereine aufgrund wachsender Herausforderungen beginnen, sich von wünschenswerten Zusatzaufgaben zurückzuziehen“. Dazu zählen u.a. der Leistungs- und Gesundheitssport, „aber auch gesellschaftspolitische Themen wie die außersportliche Kinder- und Jugendarbeit“.
Damit also das Vereinswesen weiterhin auf dem hohen Niveau funktionieren kann, das wir bisher gewohnt sind, braucht es mehr Ehrenamtliche. Das betont auch Michaela Röhrbein, DOSB-Vorstand für Sportentwicklung, gegenüber dem Magazin Spiegel: „Der Mangel in Sachen Ehrenamt sei besorgniserregend. Das ist ein Alarmsignal“, sagt sie und fordert Änderungen, um dem Problem zu begegnen. Auch im Sportentwicklungsbericht wird die Gewinnung von Ehrenamtlichen als „zentrale Herausforderung“ für die Vereine gesehen. Dies stelle bereits jetzt „17,5 % der Vereine vor existenzielle Herausforderungen“.
Viele gute Gründe für ein Ehrenamt
Das Schöne am Ehrenamt ist, dass es nichts ist, bei dem man die Faust recken und auf „die da oben“ schimpfen kann, die endlich was machen müssen – ein Ehrenamt ergreifen, helfen und tätig werden kann prinzipiell jede*r machen. Natürlich ist auch die (Lokal-)Politik gefragt, aber engagierte Ehrenamtliche kann sie weder herbeizaubern noch verordnen. Hier ist jede* Einzelne gefragt – und es gibt viele gute Gründe für ein Ehrenamt (das auch schon Jugendliche ergreifen können).
Da gibt es natürlich die idealistischen Aspekte: man tut was für seinen Verein und die Mitglieder und damit unterstützt man letztlich auch das soziale Miteinander und die Gesellschaft insgesamt. Aber man tut auch etwas für sich selbst: Studien belegen immer wieder, dass ein Ehrenamt den Ehrenamtlichen auf vielerlei Weise hilft: sie sind oft zufriedener mit sich und ihrem Leben, es wirkt sinnstiftend, stärkt das Selbstbewusstsein, erweitert die sozialen Kontakte usw. Zusätzlich hilft es gerade jungen Menschen auch für das Berufsleben: wer im Lebenslauf auf ehrenamtliches Engagement verweisen kann, zeigt damit Verantwortungsbewußtsein, Teamfähigkeit und Eigeninitiative.
So ist der Bericht des Bundesinstituts für Sportwissenschaft auch ein Aufruf an uns alle, das Smartphone wegzulegen, raus in die Wirklichkeit zu gehen und sich zu engagieren. Das gilt übrigens nicht nur für Sportvereine: von den Freiwilligen Feuerwehren bis hin zu den Naturschutzbünden werden Ehrenamtliche überall gesucht – es gibt also kein Argument mehr, nichts zu tun, denn hier ist wirklich für jedes Interesse etwas dabei.
Quellen:
Bundesinstitut für Sportwissenschaft: „Neue Publikation: Ergebnisse aus der 9. Welle des Sportentwicklungsberichts“, PM vom 12.05.2025; online: www.bisp.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/Nachrichten/2025/SEB_23_25.html
Bundesinstitut für Sportwissenschaft: „Sportvereine in Deutschland:
Ergebnisse aus der 9. Welle des Sportentwicklungsberichts Sportentwicklungsbericht für Deutschland 2023–2025 – Teil 1“, Christoph Breuer, Svenja Feiler; online: www.bisp.de/SharedDocs/Downloads/Sportentwicklungsberichte/SEB_23-25.pdf
Spiegel: „Fast ein Fünftel der Vereine sieht sich durch fehlende Ehrenamtler in ihrer Existenz bedroht“, Benjamin Knaack, 12.05.2025; online: www.spiegel.de/sport/sport-in-deutschland-vereine-kaempfen-mit-fehlenden-ehrenamtlichen-a-e41aa457-d965-446e-8432-62d3e70e9e77
15.05.2025